Eine Frau in Bewegung
Als alleinerziehende Mutter ist sie es gewohnt, mehrgleisig unterwegs zu sein. Doch Ines Schilling hat noch eins draufgesetzt: Neben Familie und Arbeit hat sie studiert und sich weitergebildet. Heute ist sie im sozialen Sektor und als systemische Coachin tätig, die ihre Ressourcen gezielt einzusetzen weiß.
Inhaltsverzeichnis
- Ines Schilling: mit sich verbunden
- Über Stärke, Schwächen und Handlungsfähigkeit
- Den eigenen Talenten nachgehen
- Wechsel im Leben aktiv gestalten
- Weiterentwicklung statt Stillstand
- 3 Fragen zur Rolle der Frau
- Bewegung als Ventil
- Kommunizieren und netzwerken
- Auf sich selbst vertrauen
- Zielstrebigkeit durch Kraftanker im Leben
Ines Schilling: mit sich verbunden
Ines Schilling, 1987 in Nürnberg geboren, zog mit ihrer Familie aufs Land, als sie zwölf Jahre alt war. Dieses Herausgerissenwerden aus der gewohnten Umgebung machte ihr damals zu schaffen. Heute gehört der Mut, Neues auszuprobieren, zu ihrem Lebensmotto. Aktuell arbeitet sie halbtags als Koordinatorin des Seniorennetzwerks im Nürnberger Süden für den Arbeiterwohlfahrt-(AWO)-Kreisverband Mittelfranken-Süd e. V. im Freiwilligenmanagement der Stadt Nürnberg und bietet als selbstständige Coachin darüber hinaus Begleitungen an. Stillstand widerstrebt Ines Schilling. Ins Tun zu kommen bedeutet für sie, sich weiterzuentwickeln und das eigene Glück in sich selbst zu suchen. Sie weiß, wie sie ihre inneren Kräfte mobilisieren kann – das ist eine ihrer Stärken.
Über Stärke, Schwächen und Handlungsfähigkeit
Stärke – egal ob als Frau oder Mann – bedeutet für Ines Schilling, Verantwortung für das eigene Handeln und Leben zu übernehmen. „Für mich ist wichtig, dass ich mich nicht von den Erwartungen meiner Umgebung leiten lasse und mein Glück im Außen suche, sondern weiß, dass ich es in mir selbst finde“, erzählt die 36-Jährige, die beruflich wie privat einige Veränderungen durchlebt hat. Und die gelernt hat, sensibler mit den eigenen Bedürfnissen umzugehen: „Ich war jemand, der oft über innere Widerstände hinweggegangen ist und alles so gemacht hat, wie es verlangt wurde.“ Sich mit den eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen und daran zu wachsen schließt auch Phasen der Unsicherheit und des Strauchelns mit ein. Und das ist gut so, denn es ist Teil des Prozesses.“
Für Ines Schilling ist das kein Widerspruch. „Stärke meint nicht Augen zu und durch, sondern anzunehmen, dass man nicht immer stark sein muss.“ Ganz wichtig ist dabei auch die Selbstwirksamkeit, also auch in schwierigen Situationen handlungsfähig zu bleiben, und zwar aus eigener Kraft. „Und natürlich sollte man Ziele haben. Nicht in Form von Leistungsfähigkeit, sondern eher als Vision. Ich möchte auf keinen Fall stehen bleiben. Ich möchte mich weiterentwickeln und weiterhin einen Zugang zu meinen inneren Kräften haben.“
„Meine Botschaft: Nehmt euer Leben selbst in die Hand, glaubt an euch und eure Stärken. Nutzt die Ressourcen, die in euch schlummern. Tut das, was euch Freude bereitet, und strahlt nach außen.“
Den eigenen Talenten nachgehen
Was ihren beruflichen Lebensweg angeht, hat Ines Schilling immer Wert daraufgelegt, auf eigenen Beinen zu stehen. Die erste große Herausforderung kam 2013 nach der Geburt ihres Sohns auf sie zu: Das Familienunternehmen, wo sie nach ihrem Fachabitur zur Floristin ausgebildet und übernommen wurde, konnte sie nach ihrer Elternzeit nicht weiterbeschäftigen. Doch dann ergab sich eine neue Chance: Sie sattelte in den sozialen Bereich um und nahm bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) eine Stelle als Betreuungsassistentin in einem Pflegeheim an. „Mein damaliger Chef meinte: ‚Ines, in dir steckt so viel Potenzial. Du musst unbedingt studieren!‘ Das hat den Anstoß gegeben, mich umzuschauen.“
Wechsel im Leben aktiv gestalten
Ines Schilling wollte beruflich mehr Verantwortung übernehmen. Daher entschied sie sich, berufsbegleitend an der Hamburger Fernhochschule Gesundheits- und Sozialmanagement zu studieren. Um das Fernstudium zu finanzieren, bewarb sie sich bei der Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB) um ein Aufstiegsstipendium. Sie musste nun das Studium in der Regelstudienzeit mit einem kleinen Kind beenden. Mit ihrer Selbstdisziplin meisterte sie aber auch diesen zusätzlichen Druck: „Wenn ich etwas möchte, dann mache ich das gescheit“, erklärt Ines Schilling.
Doch damit nicht genug. Ines Schilling stellte sich weiteren Herausforderungen. Sie übernahm auch noch die Leitung der Mittagsbetreuung an einer Schwabacher Grundschule. „Die Verantwortung für die vielen Kinder sowie meine Mitarbeiterinnen zu tragen und parallel dazu die Bachelorarbeit zu schreiben war nicht immer leicht. Ich bin stolz darauf, dass ich das alles geschafft habe.“
Unterstützungsangebote in Bayern
Welche Unterstützungsangebote es für alleinerziehende Eltern gibt, erfahren Sie auf der Website Familienland Bayern.
Weiterentwicklung statt Stillstand
Auch auf privater Ebene bewältigte Ines Schilling einige Umbrüche. Während des Studiums trennte sie sich und musste daher schon früh für sich und ihren Sohn allein sorgen. Aufgrund ihres knappen Verdienstes beantragte sie Wohngeld und fragte für Kleinigkeiten ihre Eltern, die sie unterstützten. „Das war eine schwierige Zeit. Aber ich bin gestärkt daraus hervorgegangen. Denn ich habe erfahren, dass ich vieles schaffen kann und an unvorhersehbaren Ereignissen eher wachse“, sagt sie rückblickend.
Nachdem Ines Schilling ihren Bachelorabschluss als Gesundheits- und Sozialmanagerin in der Tasche und sich an ihre leitende Rolle gewöhnt hatte, schmiedete sie neue Pläne für ihren Berufsweg: 2019 absolvierte sie – ebenfalls berufsbegleitend – eine Ausbildung zur systemisch integrativen Coachin. „Dabei geht es unter anderem darum, Fähigkeiten und Kräfte, die in jedem Menschen schlummern, zu entdecken und zu aktivieren.“ Sie lernte dafür verschiedene Methoden und Werkzeuge kennen und stellte dabei auch eigene Glaubenssätze auf den Prüfstand.
Wegweisend wurde für sie die Grundannahme aus ihrer Ausbildung, dass jede Veränderung mindestens einen positiven Aspekt mit sich bringt. Das hat sie verinnerlicht und auf diese Weise ihr bisheriges Verständnis im Kopf „umprogrammiert“, sodass sie nun sagen kann: „Veränderung bedeutet für mich Entwicklung und Wachstum und eine Möglichkeit, um aktiv zu bleiben.“
„Für mich war Veränderung früher häufig mit Angst verbunden. Da habe ich immer gedacht: ‚Oh Gott, das schaffe ich nicht!‘ Jetzt sehe ich in jeder Veränderung eine Chance.“
3 Fragen zur Rolle der Frau
Positiv verändert hat sich, dass mehr Frauen in Führungspositionen sind und sich auch die Rollen geändert haben. Trotzdem gibt es immer noch Bereiche, in denen Frauen anders oder schlechter gestellt sind – sei es beim Gehalt oder in Führungspositionen, Schlüsselrollen und so weiter. Die Stellung der Frauen hat sich verbessert, aber es ist definitiv noch viel, viel Luft nach oben.
Eigenverantwortung ist wichtig. Das Leben selbst in die Hand nehmen zu wollen. Sich nicht darauf zu verlassen, dass es andere regeln, oder zu verharren, weil man denkt, man hat es nicht mehr unter Kontrolle. Dass man eine innere Stärke entwickelt, da auch weiterzumachen. An sich selbst zu glauben.
Ich glaube, es gibt viele Frauen, die sich von außen lenken lassen und das eigene Glück von dem Glück anderer Personen abhängig machen. Dieses Verharren in einer Situation hindert einen daran, ins Tun zu kommen und die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Das ist ein Prozess, der nie aufhört. Ich wünsche mir, dass Frauen mutiger darin werden, diesen Prozess zuzulassen.
Bewegung als Ventil
Um mit Veränderungen umzugehen und diese ins Leben zu lassen, braucht Ines Schilling Bewegung. Und zwar buchstäblich. Sie geht täglich spazieren: „Beim Gehen habe ich einen guten Zugang zu meinen Gefühlen. Das ist meine Zeit, wo einfach alles fließen darf.“ Sie stellt sich währenddessen hin und wieder selbst Coachingfragen und schaut genau hin, um zu sehen, was sie selbst braucht. Ihrer Ansicht nach haben viele Menschen den Zugang zu ihren Gefühlen verloren oder sie nehmen diese nicht so wichtig und drängen sie beiseite. Doch für Ines Schilling ist das der entscheidende Motor. „Das Reflektieren der eigenen Emotionen ist für mich lebensnotwendig. Und die Bewegung hilft mir, den Kopf frei zu bekommen und mich mental zu reinigen.“ Neben den täglichen Spaziergängen macht sie außerdem dreimal die Woche Kraftsport.
„Bei Zweifeln hilft es mir, auf mein Leben zurückzuschauen und mir vor Augen zu führen, was ich schon alles geschafft habe. Das gibt mir Mut, um mich auf Neues einzulassen und an die eigenen Stärken zu glauben.“
Kommunizieren und netzwerken
Als sie 2020 ihre Stelle als Koordinatorin des Seniorennetzwerks in Nürnberg annahm, wartete eine weitere Herausforderung auf sie: Im Februar ging es los, einen Monat später kam der Lockdown. Doch Ines Schilling ließ sich nicht aus dem Konzept bringen: „Ich begegne Menschen grundsätzlich mit einer großen Offenheit. Das hat mir während des Lockdowns geholfen, mit den Menschen in Kontakt zu bleiben, obwohl wir uns nicht persönlich treffen konnten.“
In den vergangenen drei Jahren hat sie gemeinsam mit den Netzwerkpartnern ein Team gebildet, das sehr gut zusammenarbeitet. Darüber hinaus hat sie ein Kleingewerbe als systemische Coachin angemeldet.
Auf sich selbst vertrauen
Ihre Familie und Freunde unterstützen Ines Schilling, und sie selbst hat gelernt, mit dem Gefühl der Zerrissenheit umzugehen: „Ich bin auf der einen Seite Mama, auf der anderen Seite angestellt und selbstständig. Sich selbst dabei nicht zu verlieren ist nicht immer leicht.“ Der Mut, den beruflichen Aufstieg selbst in die Hand zu nehmen, resultiert aus ihren bisherigen Erfahrungen als Koordinatorin und Coachin. Die Strategie des Visualisierens, die sie aus ihrer Coachingausbildung übernommen hat, nutzt sie, wenn sie ein Ziel vor Augen hat. Dann stellt sie sich dazu ein Bild vor oder sucht sich eine passende Karte oder einen Spruch aus: „Diese Bilder oder Metaphern sind für mich wie Anker, über die ich zu mir zurückkomme“, sagt sie. Einige aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis sind der Auffassung, dass sie dazu neigt, sich die Dinge schönzureden. Für Ines Schilling ist es genau dieser Optimismus, durch den sie zu sich gefunden hat.
Zielstrebigkeit durch Kraftanker im Leben
Beruflich fühlt sie sich in ihrer aktuellen Situation wohl. Die Kombination aus der festen Stelle und ihren beratenden Tätigkeiten als Coachin gefällt ihr. Künftig möchte sie noch stärker in den Bereich des Businesscoachings gehen. „Ich habe dazu das folgende Bild von mir im Kopf: Ich sehe, wie ich in einem dunkelblauen Trenchcoat mit einer Aktentasche unter dem Arm ein modernes Unternehmen betrete.“ Dieses innere Bild ruft sie immer wieder ab. Letztlich hat es sie darin bestärkt, eine Weiterbildung zum Thema „Train the Trainer“ anzugehen: Diese befähigt sie dazu, eine Gruppe zu coachen, also beispielsweise Gruppen und Teams zu begleiten.