Eine Frau steht vor einer Scheune und lächelt.

Die Botschafterin für Landwirtschaft

Heike Zeller fühlt sich mit ihrer Heimat und der Landwirtschaft eng verbunden. Sie wuchs im Allgäu auf, wo sie auf dem Hof ihres Onkels mitanpackte. Nach ihrem BWL- und Soziologie-Studium machte sie sich 2017 selbstständig: Heute berät sie nicht nur landwirtschaftliche Betriebe sowohl strategisch als auch in Sachen Marketing – sie ist darüber hinaus auch als Projektleitung und Moderatorin für die Landwirtschaft im Einsatz. 

Über…

Heike Zeller betrachtet sich selbst als Botschafterin für die Landwirtschaft. Die studierte Soziologin und Betriebswirtin, die ihre Kindheit auch auf Wiesen und in Ställen verbrachte, zog es immer wieder auf die Alm. Sie besuchte verschiedene Alm- und Sennkurse und ließ sich zur Käse- und zur Milch-Sommelière fortbilden. Daneben beschäftigte sie sich intensiv mit der Frage, wie Landwirtinnen und Landwirte ihre regionalen Produkte besser verkaufen können. Bevor sie sich selbstständig machte, arbeitete sie an einem Forschungsprojekt zur Berglandwirtschaft und im Vertrieb eines großen Lebensmitteleinzelhändlers, wo sie mehr darüber erfuhr, wie regionale Landwirtschaftsbetriebe mit großen Lebensmittelmärkten kooperieren. 
Ihre Begeisterung für Landwirtschaft und handwerkliche Erzeugung brachte sie auf die Idee, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Sie machte eine Fortbildung zum Thema Unternehmensgründungen und startete 2017 als Inhaberin ihren eigenen „Eine-Frau-Betrieb“. Neben der Beratung von landwirtschaftlichen Unternehmen und Institutionen organisiert und moderiert sie außerdem verschiedene Veranstaltungen rund um das Thema Landwirtschaft wie beispielsweise das „Hoffluencer-Treffen“ des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums. Sie möchte mehr Aufmerksamkeit für bäuerliche Produktionsweisen schaffen und dazu beitragen, den Austausch zwischen Landwirtschaft und dem Rest der Gesellschaft zu fördern. Sie selbst ist eine überzeugte Netzwerkerin, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen auch über die Arbeit hinaus gerne mit Interessierten teilt. 

Welle
Eine Frau steht auf einer Wiese und lächelt.
Bayerns Frauen – der Podcast

Neue Modelle braucht's: Heike Zeller im Gespräch mit Daniela Arnu (Bayerischer Rundfunk). 

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Daniela Arnu: Herzlich willkommen zu einer weiteren Folge vom Podcast „Bayerns Frauen. Jede anders stark!“ Ich bin Daniela Arnu und mir sitzt Heike Zeller gegenüber: Unternehmerin, Beraterin, Moderatorin im Bereich Landwirtschaft. Hallo, Frau Zeller!

Heiker Zeller: Hallo, aheu!

Daniela Arnu: Ich möchte gleich in medias res gehen. Was fasziniert Sie an der Landwirtschaft? 

Heiker Zeller: Oh, da muss ich weit zurückgehen. Also seitdem ich denken kann, mag ich die Landwirtschaft. Ich bin neben dem Hof von meinem erst Opa, dann Onkel, jetzt Cousin aufgewachsen. Das heißt, um mich rum waren schon immer Kühe. Ich war auch gerne mit im Stall und so war das irgendwie ein Teil unseres Lebens. Mein Vater kommt dann dadurch ja auch vom Hof und so war das bei uns immer präsent. Und ich habe dann so meinen Weg genommen und bin dann aber in Schleifen immer irgendwie wieder zur Landwirtschaft zurückgekehrt und bin jetzt seit gut über zehn Jahren, 15 Jahre sind es eigentlich jetzt schon, in dem ganzen Bereich unterwegs. Und ich mag das sehr gern. Ich mag die Leute, mit denen ich zu tun habe. Ich finde es toll, mit der Natur zu tun zu haben, mit Tieren, mit Lebensmitteln. Das sind alles Sachen, die ich sehen kann, die ich mir vorstellen kann. Das ist nicht irgendein abstraktes Rädchen irgendwo oder ein 01-Code, sondern das sind ganz konkrete Dinge und das finde ich toll. 

Daniela Arnu: Sie haben es gerade schon gesagt: Sie sind aufgewachsen neben einem Hof auf dem Land. Das war im Allgäu in der Nähe von Sonthofen. Sie haben aber dann doch den Weg aufs Gymnasium genommen und haben studiert. War für Sie damals in der Zeit klar, ich will eigentlich weg von der Landwirtschaft?

Heike Zeller: Ne gar nicht! Also, ich habe schon als Kind auch den Berufswunsch Bäuerin gehabt tatsächlich. Also andere Sachen auch, aber Bäuerin war da auch immer mit dabei. Ich denke mir heute, was wäre aus mir geworden, wenn ich dann doch ein Handwerk gelernt hätte, was ich auch überlegt hatte, Schreinerin oder eben Richtung Landwirtschaft zu gehen. Das war damals aber gar nicht so das Thema, und ich glaube, das war auch damals insgesamt noch nicht so das Thema. Aber so die Liebe dazu war halt immer da, und ich habe dann erst studiert und ein duales Studium gemacht. Das war Veranstaltungsmanagement im Prinzip, mit Marketing und Veranstaltung als Schwerpunkt, auch mit einer Ausbildung in der Agentur. Das hat mir große Freude gemacht, aber ich wollte noch  mehr wissen. Dann habe ich Soziologie noch studiert, habe aber festgestellt, ich möchte ins Praktische gehen, ich möchte mehr raus ins Leben. Und dann wollte ich eben Richtung Landwirtschaft gehen, Lebensmittel, und bin bei einer großen Supermarktkette dann im regionalen Einkauf gelandet. Da hatte ich dann auch direkt mit Landwirtschaften zu tun, mit kleinen Herstellern, und hab das auch sehr gerne gemacht. Ich habe dort – wie auf allen Stellen – auch schon viel Marketing gemacht, Öffentlichkeitsarbeit, also, das war immer auch so mein Part, der eigentlich immer auf meinem Schreibtisch gelandet ist. 

Daniela Arnu: Es ist ja auch die Mischung aus der Ausbildung, die Sie gemacht haben, und dann auch dem Studium, letztlich.  

Heike Zeller: Genau, da kam so alles zusammen. Ich habe dann auch verschiedentlich als Älplerin oder Sennerin, wie man sagt, auf Alpen oder Almen gearbeitet– in verschiedenen Ländern, Bayern, Südtirol, Schweiz. Und selbst auf den Alpen habe ich dann wieder die Homepage gemacht und die Etiketten, also es war dann auch immer die Werbung auf meiner Seite. Ich habe gemerkt, in dem Bereich möchte ich bleiben. Ich wollte aber mehr mit den Landwirtschaften und kleinen Erzeugern arbeiten und reinzugehen ins Design und wie sich darstellen können und sie darin zu unterstützen. Und dann habe ich tatsächlich gekündigt, meine unbefristete Stelle, und habe noch einen Bergsommer gemacht, und dann bin ich in die Selbstständigkeit gestartet, und das mache ich jetzt. 

Daniela Arnu: Ja, Sie haben es gerade selbst aufgezählt. Einfach noch mal zum Zusammenfassen: Sie haben studiert, Sie haben eine duale Ausbildung gemacht, Sie waren unter anderem beim BR-Fernsehen, Sie haben Lehrtätigkeiten gemacht, Sie haben konkret auf Höfen gearbeitet, in verschiedenen Ländern, wie Sie gerade gesagt haben, und dann sind Sie da gelandet, wo Sie jetzt sind. Sie haben sich  selbstständig gemacht. Da jetzt ganz klar die Frage: Was genau bieten Sie an, was genau machen Sie? 

Heiker Zeller: Also zum einen biete ich eine Beratung an für Landwirtschaften und andere kleine, mittlere Hersteller, Erzeuger. Da gibt es alles, was Marketing betrifft, Öffentlichkeitsarbeit. Das kann sein, also ein Konzept auf jeden Fall immer. Also es wird immer eine Strategie zusammen ausgearbeitet. Wie können sich diese speziellen Unternehmen, diese speziellen Betriebe auch darstellen? Wer sind sie? Was wollen sie sein? Wen wollen sie auch erreichen? Was verkaufen sie? Also, das klar zu kriegen, ob das jetzt durch einen Generationswechsel zum Thema wird, dass eben die jüngere Generation was anderes möchte, oder weil man ein neues Produkt aufnimmt oder überhaupt Direktvermarktung machen möchte. Die meisten Landwirtschaften bei uns verkaufen ja in einem System an einen Händler oder eben Landhandel, wie es dann auch heißt, oder solche Abnehmer mit Zwischenstufen. Aber wenn man eben selbst an den Endkunden möchte, dann ist es eben eine andere Sache, und da komme ich dann ins Spiel, und das ist die klassische Beratungsarbeit. Ich schaue, wie ich meine Kunden unterstützen kann, wie ich ihnen Sachen abnehmen kann. Manchmal geht es auch um eine Selbstversicherung, eine Reflexion vielleicht. Manchmal auch konkrete Sachen abnehmen oder eben abkürzen – Sachen, die ich eben schon weiß durch meine verschiedenen Erfahrungen von verschiedenen Betrieben. Ich habe  mit gestandenen Unternehmerpersönlichkeiten zu tun, aber manchmal wünschen sie sich Unterstützung, und dann komme ich ins Spiel. Die Beratung ist ein Bereich meiner Tätigkeit. Ich mache aber eben auch noch Projekte für größere Unternehmen, also das sind dann Institutionen oder auch größere Unternehmen.

Daniela Arnu: Ganz kurz die Zwischenfrage, damit wir uns konkreter vorstellen können. Es ist ja vieles auch vertraulich, aber können Sie vielleicht da auch ein Beispiel nennen?

Heiker Zeller: Ja, also ein konkretes Beispiel: Zurzeit berate ich zwei junge Gründerinnen. Die eine kommt außer Landwirtschaft, die andere nicht. Aber beide studieren Landwirtschaft und wollen sich jetzt selbstständig machen oder haben sich schon selbstständig gemacht mit einer App. Dazu kann ich jetzt noch nicht mehr sagen, weil das eben noch nicht fertig ist. Die wollen erst damit rausgehen. Die sind sehr gut drauf, die haben sich sehr viele Gedanken gemacht, aber sie gucken gerade nicht über das unendliche Informationswirrwarr hinaus. Also, da sehe ich meine Position darin, dass ich sie da ein bisschen durchführe, ihnen auch spiegle, was sie da machen, was ihre Gedanken sind, was es bringen könnte. Sie auch mal auf dem Boden zu holen und zu sagen: ` Jetzt macht mal, überlegt jetzt nicht weiter.´ Es geht auch darum, den Rücken zu stärken Ich sehe meine Position nie so, die brauchen mich, sondern die wollen mit mir zusammenarbeiten. Also es ist immer auf Augenhöhe, weil das sind immer Leute, die wissen sehr genau, was sie wollen, nur manchmal muss man es ihnen vielleicht zeigen.

Daniela Arnu: Das finde ich einen spannenden Moment. Sie haben auch gerade gesagt, gestandene Unternehmer treffen Sie. Das sind jetzt  zwei junge Gründerinnen. Aber gestandene Unternehmer, da stelle ich mir einen bisschen älteren Mann vor. Die Landwirtschaft ist ja auch sehr männlich geprägt. Wie leicht oder schwer tun sich diese Leute, sich an eine Frau zu wenden, die anders tickt und anders denkt und auch mit einem anderen Hintergrund kommt, so wie Sie? 

Heiker Zeller: Ich glaube, dass die, die zu mir kommen, schon ganz bewusst zu mir kommen. Ich mache ja keine Akquise, dass ich hingehe und eben sage, du brauchst mich oder sowas. Sondern die Leute kommen irgendwie auf mich, weil sie mich auf einer Veranstaltung gesehen haben, weil sie mich irgendwo kennengelernt haben, weil vielleicht jemand von mir erzählt hat. Jemand, der zu mir kommt, sieht mich schon als Frau, die in der Landwirtschaft irgendwie unterwegs ist, sonst würden die nicht zu mir kommen. Und manchmal werde ich auch gerade mit diesen Features sozusagen als Frau, nicht selbst aus der Landwirtschaft und sowas gebucht, weil sie auch wissen, sie brauchen einen anderen Blick. Ich hatte einmal eine Beratung, da hat mich die ältere Generation beauftragt, und da kam es mir so vor, dass ich der jüngeren Generation das Geschäft so ein bisschen schmackhaft machen soll. Das fand ich ganz spannend und deswegen eben vorhin der Verweis auf die gestandenen Persönlichkeiten: Jemand, der jemanden auch von außen reinholt, sieht ja, dass er vielleicht noch woanders hinmöchte, und deswegen brauchen sie jemand anderen. Ich habe zum Glück vor allem in dem Geschäftsfeld Beratung überhaupt nicht das Problem, kein Respekt zu bekommen. Wenn sie mich buchen, dann finden sie das auch gut, sonst würden sie mich nicht beauftragen und auch nicht bezahlen. Also, gerade Landwirte – das wird mir ganz oft gesagt, und es stimmt auch ein Stück weit – sind natürlich auch preissensibel, die würden das Geld nicht in die Hand nehmen, wenn sie sich davon nicht was versprechen würden.

Daniela Arnu:  Da habe ich gleich eine persönliche Nachfrage: Sie sind eine Frau, Sie sind auch noch relativ jung, und Sie haben das sich alles erarbeitet. Was würden Sie sagen: Was steckt dahinter bei Ihnen? Also, wie ist Ihnen gelungen, zu so einer Respektsperson zu werden? Das wird man ja auch nicht automatisch.

Heiker Zeller: Das ist eine gute Frage. Also ich glaube, ganz wichtig in der Landwirtschaft ist wirklich der sprichwörtliche Stallgeruch, also dass die Leute das Gefühl haben, die weiß, wie es bei uns zugeht, die weiß, von was wir sprechen, die weiß, von was sie spricht. Also, dass sie wissen, ich komme indirekt aus der Landwirtschaft, dass sie wissen, ich habe in der Landwirtschaft gearbeitet, ich kann anpacken. Sie merken auch, dass sie mich im Prinzip immer kontaktieren können. Ich fuchse mich in die Sachen rein, so dass ich in der Regel eine Antwort auf alles habe, und wenn ich es nicht habe, dann erarbeite ich es mir, dann sage ich: Ich muss mich informieren, kommt demnächst, und dann kommt es aber auch. Also eine Zuverlässigkeit, glaube ich, ist auch wichtig, also sich zu erarbeiten, um was geht es? Sachlich, gut zu sein, Kontakte zu haben – also zu allen Fragen kann ich jemanden anrufen, wenn ich eine Frage habe oder wenn ich auch einen Kunden irgendwo hin verweisen möchte. Das merken sie auch, dass ich einfach eingebunden bin in ein riesiges Netzwerk. Dass auch andere Leute mich kennen, ist auch immer so ein Vertrauen. Das würde ich sagen, dass das so Punkte sind. 

Daniela Arnu: Ich würde gerne noch bei Ihnen ein bisschen bleiben. Was ja auch auffällt, ist, dass Sie immer wieder Neuanfang gestartet haben, also dass Sie immer wieder neue Sachen ausprobiert haben, immer wieder neugierig waren auf was, was Sie noch nicht kannten. Ist das was Gottgegebenes bei Ihnen, oder haben Sie das aus dem Elternhaus mitbekommen?

Heiker Zeller: Also, meine Eltern waren nicht so happy über die Entscheidungen. Also das war, da habe ich sie immer vor vollendete Tatsachen gesetzt, sozusagen, und dann war das erst mal überhaupt nicht wohlgelitten. Mit dem Erfolg kam dann die Toleranz oder Akzeptanz. Als ich gegründet habe und dann auch so ein Gründer Kurs gemacht habe... .

Daniela Arnu:  Als Sie Ihr Unternehmen gegründet haben. 

Heiker Zeller: Genau, und da saß ich dann mit 20 Leuten in so einem Raum und jeder hat kurz seine Geschichte erzählt. Und ich glaube, die allermeisten, wenn nicht sogar alle, haben aus einer negativen Erfahrung heraus gegründet, also wenn sie gekündigt wurden, aber auch, dass sie es nicht ausgehalten haben oder dass sie sich in den vorigen Stationen nicht wohlgefühlt haben oder nicht ihr Ding machen konnten. Und das fand ich interessant, weil ich hatte auch mal so das Bild, Leute gründen, weil sie Selbstständigkeit so toll finden, oder, oder, oder... Aber bei denen und auch bei mir ist es eigentlich aus so einer – Not ist vielleicht zu viel gesagt – aber schon aus einer unguten Situation heraus entstanden. Und ich war jetzt auch nie die, die gesagt hat, ich möchte unbedingt selbstständig sein. Das war eigentlich nie so mein Plan, sondern ich habe gemerkt, die Sachen, die ich machen möchte, kann ich so nicht machen. Jetzt im Nachhinein würde ich sagen, das war mir damals nicht bewusst. Ich muss mir meinen Platz oder meine Arbeit selbst schaffen, das gibt es so nicht. Ich habe damals nicht gesehen, wo ich reinpassen könnte mit den Sachen, die ich mag und kann oder gerne machen würde. Und das war dann eigentlich so ein Weg. Und ich glaube, was auch wichtig ist, also zumindest in meinem Leben, dass ich immer wieder auch eingesehen habe, so funktioniert es nicht, und dann immer mit dem Spruch `Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende´ dann wirklich einen Cut  machen und sagen: „Okay, ich habe die Erfahrung gemacht. Das passt jetzt nicht. Das muss ich jetzt ändern, sonst gehe ich daran kaputt oder es wird ungut. Und das ist dann nicht gut." Und dann eben was Neues. 

Daniela Arnu: Sie hätten ja eigentlich auch mit ihrer Kompetenz jegliche Beratung machen können. Warum war für Sie klar, es wird die Landwirtschaft. Hat die Landwirtschaft damals, ich spitze jetzt ein bisschen zu, überhaupt gesehen, dass da ein Bedarf ist?

Heike Zeller: Es ist interessant, also was mir gespiegelt wurde, war teils, teils. Also manche haben so gesagt: „Oh ja, das brauchts!" Und andere haben gesagt: „Damit wirst du nicht über die Runden kommen". Und beides begegnet mir bis heute. Jetzt sehen sie, dass ich schon eine ganze Weile dabei bin, sprich, der Erfolg gibt mir Recht. Es ist okay, und man kennt einen sozusagen. Warum ich es machen wollte: Es war einfach das, was mich berührt hat, was ich machen wollte, wo ich es Gefühl hatte, das ist was Gescheites. 

Daniela Arnu:  Auch wieder eine Rückkehr zur Prägung der Kindheit, dann im Allgäu auf dem Hof, sich da zu Hause fühlen. Man wird ja doch sehr geprägt von dem, wo man groß geworden ist. 

Heike Zeller: Also ich habe eigentlich immer geguckt, dass ich, wenn ich irgendwo war, auch im Studium und so weiter, dass ich immer versuche – ich hatte nicht so diesen Masterplan –  aber ich hab dann immer versucht, weil ich diesen Masterplan nicht habe – worunter ich auch gelitten habe, den nicht zu haben – ich habe dann immer geschaut: Was finde ich jetzt gut, was will ich jetzt machen? Und dann habe ich das auch gemacht. Und das war eben interessant, dass ich auch in der Landwirtschaft eben gemerkt habe, als ich auf den Alpen gearbeitet habe, das fühlt sich so richtig an, es hat sich unglaublich richtig angefühlt. Aber ich habe auch gemerkt, ganz mein Platz ist hier nicht, weil mir gehört sowas nicht zum Beispiel. Ich habr gemerkt, wenn dir sowas nicht gehört und du dann zum Beispiel in Anführungszeichen nur Familienanhängsel bist – also wenn ich zum Beispiel mit jemandem zusammen war oder wenn ich eben einen Partner habe aus dem Bereich, oder wenn ich eben qua Geburt schon in so was reingeboren bin, dann bin ich immer Pächterin. Oder ich müsste was kaufen und das ist utopisch, denn so was gibt's in der Regel nicht zu kaufen, und das Geld hätte ich nicht. Aber ich habe so gemerkt, ich möchte nicht mehr verscheucht werden können. Ich möchte in dem Bereich bleiben, ich möchte was machen. Das ist das, was ich sinnvoll finde, wo ich einfach für mich eben Sinn drin sehe. Aber so reine Landwirtschaft war es eben durch die außen Bedingungen dann nicht.

Daniela Arnu: Also, es war klar, dass Sie selbst eben nicht die reine Landwirtschaft machen wollen, sondern eben als Beraterin dann auch sehr viel zu den Höfen und zu den Unternehmen fahren. Da möchte ich gerne mal so ins Klischee: Es ist ja wirklich viel noch mit Männern. Die Frauen arbeiten dort hart, aber im Vordergrund stehen oft die Männer. Wenn sie da ankommen, sind wir da im Klischee, dass sie sagen, okay, damit es ein gutes Gespräch wird, will ich A mal in den Stall gehen und B ziehe ich dazu Gummistiefel an. Also wie treten Sie da auf? Machen Sie es genauso? 

Heike Zeller: Also ich schaue mir, wenn ich in der Beratung arbeite, die Höfe immer vorher an. Außer sie sind weiter entfernt, dann muss vielleicht auch mal ein Onlinegespräch vorher reichen. Aber nach Möglichkeit gehe ich immer vor Ort, um die Leute vor Ort zu sehen, um den Hof zu sehen. Ich glaube, viele, die auch in der Landwirtschaft tätig sind, können mir bestätigen: Wenn du auf einem Hof fährst, dann weißt du eigentlich schon, wie der Hase läuft. Irgendwie, man entwickelt mit der Zeit ein Gespür dafür, wie auch jemand tickt oder wie so ein Hof tickt. Ein Hof hat ja auch eine eigene Persönlichkeit, wie auch jedes Familienunternehmen oder Unternehmen. 

Daniela Arnu: Mit oder ohne Gummistiefel? 

Heike Zeller: Ich habe schon teilweise Gummistiefel dabeigehabt, wenn es aber um so Sachen ging wie Shootings zu machen. Wenn es dann auch wirklich darum geht, in alle Winkel zu kommen und so weiter.

Daniela Arnu: Für zum Beispiel die Werbung, Webseiten und so weiter. 

Heike Zeller: Genau, also für Social Media, für Webseiten, für alle möglichen Werbemaßnahmen. Es ist so, dass ich schon immer überlege, was ziehe ich für Schuhe an, weil ich möchte immer sehr viel sehen. Und man möchte ja auch so erscheinen, dass man jetzt nicht abgehoben ist, aber man ist ja auch jemand, der dann dafür bezahlt wird, zu kommen. Es ist immer so eine feine Linie zwischen nicht abgehoben sein, aber trotzdem ordentlich ausschauen. Dann habe ich es auch immer sehr gerne, dass mir der Hof gezeigt wird. Das finde ich unheimlich spannend, ich habe das unheimlich gerne auch. Und  da kommt man natürlich auch total gut ins Gespräch mit den Leuten und kriegt dann auch schon ganz viel mit. Und wie wahrscheinlich bei jeder Beratung, vor allem bei Unternehmen, die eben auch stark mit Familienbindung sind: Es menschelt ja sehr, sehr stark. Also, ich mache jetzt keine psychosoziale Beratung oder so was, aber die Sachen spielen immer eine Rolle.

Daniela Arnu: Wollte gerade sagen: Sie merken, es spielt rein. Wenn Sie wie vorhin gesagt, den Fall haben, eine ältere Generation will abgeben, will motivieren an die Jüngeren und will da auch Veränderungen vorantreiben. Das hat ja immer was mit psychosozialen Aspekten zu tun. 

Heike Zeller: Ja, und auch die Gernerationenkonflikte in die andere Richtung sozusagen, dass dann die Jugend was anderes machen möchte als die ältere Generation, solche Sachen. Oder auch Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern. Das ist schon spannend, jetzt auch auf das Thema unseres Podcasts bezogen: Ich habe gerade eine Kundin, die als Landwirtin jetzt nach einer Haushaltshilfe schaut. Und das finde ich total spannend, weil sie möchte im Betrieb mehr mitarbeiten, also im Geschäftlichen mehr mitarbeiten. Und das fand ich toll. Ich habe auch gesagt:„Hey, das finde ich gut!"

Daniela Arnu:  Letztlich meinen Sie damit, dass die Frau einfach eine gewisse Stärke zeigt und sagt: „Ich möchte Unternehmerin sein und eigentlich nicht die, die auf dem Hof immer guckt, dass das Essen auf dem Tisch ist und alles sauber ist."

Heike Zeller: Genau, und das finde ich schon, es ist auch ein Schritt, denke ich, und ich bin mir relativ sicher, weil es ist schon immer noch Klischee behaftet. Ich glaube, das wird schon auch dann beäugt sowas. Oder ganz wichtig auch in der Landwirtschaft: Wem gehört was? Also, in welcher Linie ist vielleicht auch der Hof vererbt worden? Ich habe auf Alpen gearbeitet, die in der mütterlichen Linie vererbt wurden oder in der väterlichen – das war eine andere Atmosphäre auf dem Hof. Und gerade wenn Frauen auch Direktvermarktung, also Einkommenskombination heißt das dann auch, also alles, was zum Beispiel auf einem milchwirtschaftlichen Betrieb nicht nur die Milch betrifft, sondern eben zum Beispiel vielleicht eine Weiterverarbeitung der Milch oder Kinderfreizeiten auf dem Hof oder Urlaub auf dem Bauernhof oder was auch immer. Das sind sogenannte Einkommenskombinationen, Diversifizierung auch genannt, und das ist sehr stark in Frauenhand. Und das ist für die Frauen oft eine Möglichkeit, ein eigenes Leben zu entwickeln, eine eigene Kompetenz zu entwickeln und auch eigenes Geld zu verdienen, das dann eben über sie läuft...

Daniela Arnu:  Somit auch eine eigene Rente ...

Heike Zeller: Genau, somit auch eine eigene Rente. Aber da muss man eben sehr genau schauen: Wem gehört was? Und wer bekommt dafür auch das Geld? Und das ist nach wie vor ein Thema der Landwirtschaft, dass Frauen meistens wenig gehört und auch Frauen weniger als Betriebsleiterinnen arbeiten. Also, es gibt eine Studie "Frauen, Leben, Landwirtschaft" aus 2022, also relativ aktuell, und da sind nur 11 Prozent der Betriebsleiter in Deutschland sind Frauen.

Daniela Arnu: Wäre es besser, wenn es anders wäre?

Heike Zeller: Ich fände es schon schön, wenn es anders wäre, einfach weil wir ja in der Gesellschaft 50:50 Männer und Frauen sind. Warum dann nicht auch in der Landwirtschaft? Und ich kenne auch einige Betriebe, die eben auch von Frauen geführt sind, und das ist auch super. Also da ist ja überhaupt kein Unterschied in dem Sinne, also von der Qualität sowieso nicht. Aber es ist eben althergebrachter. Wie eine Dame, ich weiß jetzt ihren Namen nicht, aber die auch eine Beratung für die Rente von Bäuerinnen, von Landwirtinnen macht, die sagt den schönen Satz: „Lieber einen Tag unromantisch als ein Leben lang arm". Und das finde ich super. Da steckt so alles drinnen, weil es nach wie vor auch ein Thema ist, dass die Frauen sich nicht ordentlich absichern. Also das haben wir ja insgesamt auch in der Gesellschaft, aber in Landwirtschaft noch mal krasser, weil wir da ganz viele mitarbeitende Familienkräfte haben, die dann eben nicht angestellt sind, die keinerlei Versicherungen, dann also Sozialversicherungen haben fürs Alter, und das ist wirklich ein Thema.  

Daniela Arnu: Ist es auch ein bewusstes Anliegen von Ihnen in den Beratungen, oder ist das eher so ein Beiwerk, dass Sie halt manchmal Beratungen haben, wo das auch ein Thema ist? 

Heike Zeller: Es ist ein Beiwerk. Ich versuche schon, darauf hinzuweisen. Ich versuche vor allem in der Beratung alle Leute da zu haben, die es auch betrifft, dass sie alle auch Gehör finden und dass sie alle auch die gleiche Berechtigung haben. Jeder hat eine Stimme sozusagen, die ist  gleich viel wert. Und einfach dadurch, dass ich dahin komme, und wir sprechen über Sachen, kommen auch Dynamiken den Gang, die sonst noch nicht da waren. Also da wird dann teilweise gesagt, darüber haben wir noch nie gesprochen, also ganz klassisch, und da passiert was mit der Familie natürlich auch wa. das ist gar nicht zu trennen.

Daniela Arnu: Das heißt, Sie sprechen sich – auch wenn es als Beiwerk ist – für die Stärkung der Frau aus. Was ist denn insgesamt Ihr Eindruck in der Gesellschaft auch für die Zukunft? Was muss für Frauen, für uns Frauen noch passieren?

Heike Zeller: Also ich glaube, dass wir in unserer Gesellschaft schon relativ gut dabei sind. Vor allem auch rechtlich sind wir ziemlich gleichgestellt. Das finde ich ganz gut. Es gibt sicher noch in Bereichen Sachen, die mich traurig machen. Man muss sich die Kriminalstatistik anschauen. Es gibt auch Übergriffe auf Männer, aber so sexuell konnotierte Übergriffe gibt es vor allem auf  Frauen. Und diese Unterdrückungsgeschichten, also wirklich handfeste häusliche Gewalt, da führen die Frauen die Spitze an in der Statistik. Aber solche Sachen sind sicher immer noch nicht schön, und es gibt auch in meiner Branche Sexismen, dass Sprüche kommen, oder dass man eben in den Raum kommt, man ist die einzige Frau. Und gerade wenn ich in so weiblichen Landwirtinnen-Netzwerken oder Landwirtschaftsbusiness-Netzwerken unterwegs bin – alle kennen diese Erfahrungen. Da ist schon noch ein bisschen was zu tun. Aber sonst im Vergleich weltweit haben wir schon eine ganz gute Stellung. Vereinbarkeit ist noch ein Thema, finde ich, auch in der Landwirtschaft: Die Frauen auf den Höfen können mittlerweile genauso alles auch durch die technische Erleichterung,die sind super fit. Aber wenn das Kind kommt, was ist dann, wer bleibt dann drinnen? Und ich bin viel auf Social Media auch unterwegs, habe viel mit Influencern zu tun. Und wenn ich da auch sehe, die jungen Landwirtinnen werden dann Mutter, und dann sind sie einfach mit dem Kind erst auch mal beschäftigt. Auf einmal kommen Kochvideos, wo vorher halt irgendwelche Traktorvideos waren. Die bleiben dann erstmal eher drinnen. Jemand muss ja die Arbeit machen, und da sehe ich schon auch noch Themen auf jeden Fall. 

Daniela Arnu: Was wäre denn so abschließend für unser Gespräch jetzt, Ihr Rat, auch aus der eigenen Biografie? Wie, wenn wir jetzt auf junge Frauen schauen, wie junge Frauen, starke Frauen sein können, egal ob in der Landwirtschaft oder woanders? Also was hat auch Ihnen geholfen?

Heike Zeller: Das ist eine gute Frage. Also, ich glaube, dass halt Stärke dadurch auch kommt, dass man mit den Sachen, die da sind, umgeht. Ob das jetzt schöne oder schlechte Sachen sind, aber man muss damit umgehen. Man kann ja vieles auch oft nicht ändern, was einem im Leben begegnet. Also muss man damit umgehen und damit einen Weg finden. Ich glaube, da zu sagen: „Okay, was möchte ich denn?"  oder auch „Wo ist mein Standpunkt?"  Ich glaube, das ist wichtig und auch, dran zu bleiben. Also, alle Leute haben Rückschritte . Niemand kommt mit allem irgendwie durch oder hat nur den Sonnenschein den ganzen Tag.  Eben dranzubleiben, wenn man auch merkt, es ist mir jetzt wichtig oder das möchte ich jetzt, oder es zieht mich da einfach hin. 

Daniela Arnu: Klingt so ein bisschen, als würden sie damit meinen, halt auch selbstbestimmt zu sein. 

Heike Zeller: Total! Ich glaube, auch, wenn ich so schaue, was mir auch geholfen hat und immer noch hilft, und wenn ich so Sachen anschaue, was anderen Leuten geraten wird, dann fällt mir eine Sache immer wieder auf: Ich glaube, es ist sehr gut zu lernen, mit sich selbst alleine zurechtzukommen. Und es hat mir mal, vor vielen, vielen Jahren mal ein Freund gesagt: „Geh doch mal alleine ins Kaffee." Und da war ich gerade krankgeschrieben und auch so richtig malad. Und dann ist mir irgendwie die Decke auf den Kopf gefallen, und ich dachte, allein ins Kaffee, wie soll das denn gehen? Und ich weiß noch, wie schwer mir das beim ersten Mal gefallen ist. Und jetzt ist es für mich eine der selbstverständlichsten Sachen. Ich mache alles, was ich möchte, alleine, also ich bis hin zu allein in den Urlaub zu fahren oder auf Veranstaltungen gehen. Aber mit sich alleine zurechtzukommen und das auch wirklich gut zu finden, das ist, glaube ich, was ich Leuten auch raten würde. Man muss nicht gleich in Urlaub fahren, man muss sich nicht gleich solo selbstständig machen oder sowas. 

Daniela Arnu: Was Sie alles gemacht haben. 

Heike Zeller: Da bin ich vielleicht ein Extrembeispiel. Ich glaube, daraus kann sehr viel Gutes kommen, wenn man einfach lernt, mit sich selbst klarzukommen. Dann hat man sehr viel Freiheit und sehr viel, wie sie auch vorhergesagt haben, diese Selbstständigkeit und diese Selbstbestimmtheit.

Daniela Arnu: Ich finde, bei Ihnen kommt sehr gut rüber, dass Sie das sehr, sehr gut gelernt haben und sehr gut unterwegs sind, selbstbestimmt. 

Heike Zeller:  Also im Berg zu arbeiten, das hilft sehr gut. 

Daniela Arnu: Wo man auch weiß, da muss man auch auf seinen Körper vertrauen und und wirklich mit sich selbst im Reinen sein.

Heike Zeller: Man ist immer ohne Handyempfang ... 

Daniela Arnu: Von daher aus meiner Sicht sehr überzeugend: Heike Zeller heute im Podcast Bayerns Frauen Jede anders stark. Ich sage ganz herzlichen Dank für das Gespräch und für das Vertrauen Und nochmals vielen, vielen Dank für das Gespräch, danke Ihnen.

Heike Zeller: Ich bedanke mich, aheu!  

Bildergalerie: Heike Zeller

Eine Frau und ein Mann stehen nebeneinander in einer Fabrikhalle. Die Frau hält einen Yoghurtbecher in der Hand.

Heike Zeller liegt die Landwirtschaft am Herzen.

Eine Frau steht auf einer Wiese und schaut in die Ferne.

Heike Zeller liegt die Landwirtschaft am Herzen.

Zwei Frauen stehen in einem Kuhstall und unterhalten sich. Ein Junge fährt mit einem Kinderfahrzeug durch den Stall, ein Mädchen schaut zu den Kühen.

Heike Zeller liegt die Landwirtschaft am Herzen.

Thema 1 von 3

Heike Zeller: Meine Botschaft …  

Just muh it! Das heißt für mich: Mach’s einfach – aber auf deine eigene Art!

Lerne, mit dir allein sein zu können. Und das auch zu genießen. 

Meine Rolle als Geschäftsführerin ist nicht nur eine, sondern es sind tausende. Das ist selbst gewählt, und dieses Konzept ist für mich aktuell sehr stimmig. Ich bin für alles verantwortlich – im Guten wie im Schlechten.